Praxis für kleine Heimtiere
Dr. Anja Ewringmann

Chinchilla



Haltung


Chinchillas leben in freier Wildbahn im Familienverband zusammen und sind sehr gesellig.

Eine Einzelhaltung von Chinchillas ist daher nicht artgerecht! Sie müssen zumindest paarweise gehalten werden. Ideal ist die Haltung im Haremsverband mit einem kastrierten Männchen und 1-3 Weibchen, aber auch die Haltung gleichgeschlechtlicher Paare oder Gruppen ist gut möglich.

Chinchillas sind nachtaktive Tiere mit einem großen (dreidimensionalen) Bewegungsdrang. Diese Tatsachen stellen eine große Herausforderung für eine artgerechte Haltung dar.


Das Chinchillaheim

Ein Chinchillaheim muss so geräumig sein, dass die Tiere sich während ihrer gesamten Aktivitätsphase ausreichend bewegen und beschäftigen können, denn 1-2 Stunden Freilauf in den Abendstunden, während der Besitzer noch wach ist, können nicht kompensieren, wenn die Tiere den Rest der Nacht auf engem Raum eingesperrt sind. Gleichzeitig ist zu gewährleisten, dass Chinchillas während der Ruhephase am Tag ungestört sind.

Im Handel erhältliche Chinchilla-Käfige sind meist ungeeignet, da sie viel zu klein sind. Als Mindestmaß für einen Chinchillakäfig, der zwei Tiere beherbergt, wird ein Volumen von 3 m3 angegeben, wobei eine Höhe von 150 cm nicht unterschritten werden sollte. Für jedes weitere Tier werden 0,5 m3 zusätzlich gefordert (24).

Daraus ergibt sich für ein Chinchillapaar eine Mindestgröße des Geheges von 200 x 100 x 150 cm (B x T x H). Ein größeres Platzgebot ist natürlich immer besser.


Eine artgerechte Haltung ist daher nur in Eigenbauten oder großen Vogelvolieren möglich! Besser noch sind ganze Zimmer, die entsprechend den Bedürfnissen der Tiere ausgestattet werden.
Zusätzlicher Freilauf wird von Chinchillas immer gerne angenommen und sollte möglichst täglich gewährt werden. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die Tiere vor Unfällen geschützt sind (z.B. Kabel, Giftpflanzen, Stürze).

 


Gehegestandort

Der richtige Standort des Geheges ist von großer Bedeutung. Während der Ruhephase am Tag müssen die Tiere ungestört sein! Ständiger Stress durch Lärm führt zu erhöhter Anfälligkeit für Erkrankungen.

Das Gehege sollte ausreichend natürliches Licht erhalten, muss jedoch vor Überhitzung durch Sonneneinstrahlung geschützt sein. Ideale Raumtemperaturen liegen bei 15-18° C (25). Da Chinchillas in ihrem Herkunftsgebiet an sehr trockene Gegebenheiten angepasst sind, sollte auch in der Heimtierhaltung die Luftfeuchtigkeit nicht über 50 % liegen (26).



Einrichtung

Die Einrichtung eines Käfigs, Geheges oder Zimmers muss den Bedürfnissen der Chinchillas angepasst sein, die einen großen Bewegungsdrang haben und gerne springen. Es sollten Sitzbretter/Etagen in verschiedenen Höhen angebracht werden. Zum Klettern eigenen sich dicke Äste, Planken oder Bretter sowie stabile Weidenbrücken. Als Verstecke müssen zudem Holzhäuschen und Kork- oder Tonröhren vorhanden sein.



Heu sollte aus Raufen (oben geschlossen, damit die Tiere nicht einsteigen und zwischen den Stäben hängen bleiben können) angeboten werden. Futter- und Trinkgefäße müssen aus unbenagbarem Material sein.

Laufräder oder Laufteller können Chinchillas als zusätzliches Bewegungsangebot zur Verfügung gestellt werden. Sie dürfen aber nicht dazu dienen, mangelnde Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten in einem zu engen Käfig zu kompensieren. Wichtig ist, dass die Räder/Teller ausreichende Durchmesser haben, damit die Tiere mit geradem Rücken darin laufen können. Durchmesser von 60 cm sind daher anzuraten. Zudem muss gewährleistet sein, dass die Chinchillas sich nicht verletzen (sicherer Stand, keine Möglichkeit des Einklemmens, Lauffläche ohne Spalten).

Als Einstreu eigenen sich staubarme Holzspäne sowie Hanf- und Leineinstreu, die ausschließlich auf dem Boden des Geheges ausgestreut werden müssen. Bei großen Gehegen reicht meist auch das Aufstellen von eingestreuten Toiletten aus.



Chinchillas benötigen zudem Sandbäder, um ihr Fell zu entfetten. Diese sollten ständig zur Verfügung stehen. Die Badeschalen oder -häuschen müssen so groß sein, dass sich ein Chinchilla bequem ausgestreckt darin wälzen kann. Sie sollten aus gut zu reinigendem Material (Keramik, Metall, Glas) bestehen. Als Badesubstrat eignen sich v.a. Tonmineralien wie Sepiolith und Attapulgus. Quarzsand ist dagegen ungeeignet, da er eine scharfe Oberflächenbeschaffenheit hat, die zu Hautverletzungen führen kann. Zudem sind Quarzsandkörner nicht porös und dadurch nicht in der Lage Hautfette zu binden.


Außenhaltung?

Eine ausschließliche Außenhaltung von Chinchillas ist in unseren Breiten abzulehnen. Aufgrund fehlender Schweißdrüsen tolerieren die Tiere hohe Temperaturen schlecht. Während sich Chinchillas in ihrem natürlichen Habitat im Sommer in Felsspalten zurückzuziehen können, in denen recht konstante Temperaturen herrschen, die 25°C nicht überschreiten (3), besteht diese Möglichkeit in Heimtierhaltung nicht. Zudem werden hierzulande oft die für Chinchillas maximal geforderten 50 % Luftfeuchtigkeit überschritten, sowohl im Sommer als auch im Winter.

Denkbar ist daher allenfalls eine Innenhaltung mit freiem Zugang in ein Außengehege, so dass die Tiere ihren Aufenthaltsort, abhängig von den klimatischen Bedingungen, wählen können.


Vitamin D in der Chinchillahaltung

Chinchillas benötigen, ebenso wie andere Tiere, Vitamin D, dessen Hauptaufgabe die Regulierung des Kalzium- und Phosphorstoffwechsels im Körper ist. Verantwortlich für diese Vorgänge ist aktives Vitamin D3 (= D-Hormon).

Wie kann der Vitamin D-Bedarf gedeckt werden?
Dies ist theoretisch auf zwei Wegen möglich: entweder durch Sonnenlicht oder durch die Nahrung.

  • Endogenes Vitamin D: im Körper wird eine Vorstufe des Vitamin D produziert. Diese wird in der Haut durch UV B-Licht in ein Prä-Vitamin D umgewandelt. In der Leber entsteht daraus Vitamin D3, das dann wiederum in der Niere durch ein Hormon (Parathormon) aktiviert wird. So entsteht das für die Stoffwechselvorgänge wichtige D-Hormon. In einer Studie wurde nachgewiesen, dass dieser Weg der Vitamin D-Synthese auch bei Chinchillas funktioniert. Chinchillas wurden über 16 Tage für 12 Stunden am Tag mit UV B-Licht bestrahlt und wiesen anschließend deutlich höhere Blutspiegel an Vitamin D auf als eine Kontrollgruppe ohne Bestrahlung (27).

Problem: Chinchillas leben in Innenhaltung und haben keinen Zugang zu natürlichem UV B-Licht, da dieses nicht durch Fensterscheiben hindurchdringen kann.

  • Exogenes Vitamin D: in Grünpflanzen wird eine Vorstufe des Vitamin D gebildet und unter Einfluss von UV-Licht entsteht zunächst Vitamin D2. Dieses wird mit der Pflanze vom Chinchilla aufgenommen, gelangt in die Leber, wird dort in Vitamin D3 umgewandelt und wiederum in der Niere aktiviert.

Problem: die natürliche Nahrung des Chinchillas enthält kaum Vitamin D. Nennenswerte Vitamin D-Gehalte finden sich nur in Pflanzen, die üblicherweise nicht auf dem Speiseplan der Tiere zu finden sind (Artischocken, Pilze). Der Gehalt an Vitamin D in Grünpflanzen ist dagegen sehr gering. Er kann durch Trocknung in der Sonne zwar erhöht werden (28), Heu wird heutzutage allerdings nicht mehr vollständig in der Sonne getrocknet. Es wird lediglich angetrocknet; die restliche Trocknung erfolgt möglichst zügig mit technischen Verfahren. Dies hat verschiedene Gründe: bei langer Trocknung auf der Wiese steigt zwar der Gehalt an Vitamin D, dafür gehen andere Vitamine und Nährstoffe verloren. Der Wassergehalt des Heus sinkt bei natürlicher Trocknung zudem nur langsam und liegt letztlich noch deutlich über dem Wassergehalt bei künstlicher Trocknung. Dadurch steigt die Gefahr einer Besiedlung mit Bakterien und Schimmelpilzen, insbesondere wenn das rel. feuchte Heu anschließend gepresst oder in Plastiktüten verpackt wird. Ein weiterer Aspekt ist, dass lange in der Sonne getrocknetes Heu stark ausbleicht und nicht mehr aromatisch riecht (29).


Die Frage ist also, wie Chinchillas unter natürlichen Lebensbedingungen ihren Bedarf an Vitamin D decken können, und dazu liegen bisher leider keinerlei Untersuchungen vor. Wilde Chinchillas leben zwar in den Anden, wo am Tage sehr hohe UV-Strahlungsintensitäten bestehen – allerdings sind die Tiere nachtaktiv! Sie können daher allenfalls in der Dämmerungszeit sehr schwache UV-Bestrahlung abbekommen. Es wird spekuliert, dass die Tiere möglicherweise extrem empfindliche UV B-Rezeptoren in der Haut besitzen, so dass auch durch minimale Strahlung eine ausreichende Vitamin D-Synthese abläuft 27). Vorstellbar ist, dass sich solche Rezeptoren auf den großen, unbehaarten Ohren der Chinchillas befinden. So könnte schwache Strahlung in der Dämmerung oder Strahlung, die am Tag in die Unterschlüpfe der Tiere eindringt, effektiv genutzt werden.

Wie hoch ist der Vitamin D-Bedarf eines Chinchillas?
Leider existieren dazu keinerlei Angaben und ebenso wenig liegen Referenzwerte zu physiologischen Vitamin D-Gehalten im Blut vor.
Umso verwunderlicher sind die doch zum Teil extrem hohen Vitamin D-Gehalte kommerzieller Chinchillapellets, die zwischen 1100 und 2000 IE/kg Futter liegen, wogegen die Werte in Kaninchen- oder Meerschweinchenfutter deutlich geringer sind.

Was geschieht bei unausgeglichenem Vitamin D-Haushalt?
Für Chinchillas existieren auch zu dieser Fragestellung bisher keine Untersuchungen.
Bei anderen Tierarten führt ein chronischer Mangel an Vitamin D (= Hypovitaminose D) zu Störungen der Knochenmineralisierung, da sowohl die Resorption von Kalzium und Phosphor aus dem Darm sowie der Einbau der Mineralstoffe in den Knochen beeinträchtigt sind. Die gleichen Auswirkungen dürften auch bei Chinchillas auftreten.
Ein Überschuss an Vitamin D (= Hypervitaminose D) hat üblicherweise eine verstärkte Resorption von Kalzium und Phosphor zur Folge, so dass Organverkalkungen entstehen können. Im Falle der Chinchillas wird diskutiert, dass die Mineralstoffe verstärkt in die Zähne eingelagert werden, so dass die Zahnsubstanz härter wird und beim Kauen schlechter abgenutzt werden kann 7). Solche Effekte wurden für verschiedene Nager-Arten bereits nachgewiesen (18-19).

Was ist zu tun, um eine ausreichende Vitamin D-Versorgung zu gewährleisten?
Auch diese Frage ist, ohne dass Bedarfsangaben und Normwerte für Vitamin D vorliegen, kaum zu beantworten.
Die natürliche Nahrung der Chinchillas enthält nur in sehr geringen Mengen Vitamin D und Chinchillas dürften in freier Wildbahn auch nur äußerst geringe Mengen an UV B-Strahlung erhalten. Daraus lässt sich schließen, dass entweder der Vitamin D-Bedarf der Tiere extrem gering ist oder aber Chinchillas in der Lage sind, mit Hilfe sehr geringer UV B-Strahlung ausreichend Vitamin D herzustellen.

Vitamin D-Zufuhr mit dem Futter
Eine Vitamin D-Supplementierung mit der Nahrung ist nur durch substituiertes Futter (v.a. Pellets) oder Nahrungsergänzungsmittel (Vitaminpräparate) möglich. Weil aber keine Bedarfsangaben existieren, ist es auch nicht möglich, eine bedarfsgerechte Menge zuzuführen. Da Vitamin D üblicherweise (und wahrscheinlich auch bei Chinchillas) nicht bedarfsorientiert aus dem Darm resorbiert wird, besteht die Gefahr einer Überdosierung. Zudem begünstigt die Pelletfütterung Zahnerkrankungen.
Gänzlich abzuraten ist von der regelmäßigen Gabe handelsüblicher Multivitamin-Präparate. Diese enthalten oftmals nicht nur extrem hohe Gehalte an Vitamin D, sondern auch an anderen fettlöslichen Vitaminen, deren Zufuhr bei artgerechter Fütterung überhaupt nicht erforderlich ist. Es könnten also verschiedene Arten von Hypervitaminosen ausgelöst werden.

Vitamin D-Aktivierung durch UV-Licht
Die Produktion des Prä-Vitamin D in der Haut erfolgt ausschließlich durch UV B-Strahlung, die durch Fensterglas nicht hindurchdringen kann. Da Chinchillas üblicherweise in Innenhaltung leben, steht ihnen diese Möglichkeit der Vitamin D-Synthese nicht zur Verfügung. Gerade diese Variante wäre aber wünschenswerter als eine Substitution mit dem Futter, da eine Hypervitaminose D durch UV-Licht nicht zu erwarten ist. Bei Menschen existiert eine Art Abschalt-Mechanismus, wenn ausreichend Prä-Vitamin D in der Haut hergestellt wurde (30) und auch bei anderen Tierarten, die zur Prä-Vitamin D-Synthese durch UV B-Licht befähigt sind, ist ein solcher Mechanismus vorhanden.

Aufgrund der fehlenden Daten zum Vitamin D-Bedarf des Chinchillas und anhand der wenigen bisher vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, raten wir eher zu einer Förderung der Vitamin D-Synthese durch UV B-Licht als zu einer Ergänzung von Vitamin D mit dem Futter.

Die Frage ist nur: Wie bestrahlt man richtig mit UV-Licht? Und auch das kann zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Es können nur vage Empfehlungen abgegeben werden. Ob diese sinnvoll und richtig sind, wird sich erst durch weitere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen müssen.

  • Wir raten zur Verwendung von Leuchtstoffbirnen mit schwachen Leistungen von etwa 25 Watt - Hierzu einige Erklärungen:

Es handelt sich dabei um Vollspektrum-Tageslichtlampen mit UV B-Anteil. Die Wattzahl gibt die Leistung an. Angaben von 10.0, 8.0 oder 5.0 beziehen sich auf den Anteil des UV B- Lichtes. Eine 10.0 Birne hat somit einen UV B-Anteil von 10 %. Diese Angaben sind allerdings nur von untergeordneter Bedeutung. Wichtig ist die Bestrahlungsstärke, die in µW/cm2 angegeben wird. Bei der o.g. Studie erhielten die Chinchillas Bestrahlungen mit Stärken zwischen 19 und 157 µW/cm2. Diese Werte wurden etwa auf Rückenhöhe der Tiere erzielt (27).
Wichtig ist also, dass auf der Verpackung angegeben ist, in welchem Abstand welche Bestrahlungsstärke erreicht wird, so dass die Leuchtstoffbirnen (sie passen in Standardfassungen E27) in entsprechender Höhe angebracht werden können.

  • Die Bestrahlung sollte ausschließlich tagsüber erfolgen, um den Tag-Nacht-Rhythmus der Chinchillas nicht durcheinander zu bringen.
  • Die Birnen müssen so angebracht werden, dass sie von den Tieren nicht erreicht und Kabel nicht benagt werden können.
  • Eine Bestrahlungsstärke von 150 µW/cm2 auf der ersten Ebene, die durch die Strahlen erreicht wird, sollte nicht überschritten werden
  • Die Bestrahlung kann einige Stunden am Tag erfolgen, wenn die Chinchillas die Möglichkeit haben, sich der Bestrahlung vollständig zu entziehen. Werden kleinere Käfige bestrahlt, in denen die Tiere nicht gut ausweichen können, sollte eine Bestrahlungsdauer von 1 Stunde am Tag nicht überschritten werden.
  • Da UV-Lampen mit der Zeit an Leistung verlieren, müssen die Leuchtstoffbirnen alle 6 Monate erneuert werden.




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