Praxis für kleine Heimtiere
Dr. Anja Ewringmann

Kaninchen


Impfungen


Die Empfehlungen bzgl. der Impfung und der Anwendung von Impfstoffen sind immer wieder Veränderungen unterworfen. Aktuelle Informationen sind abrufbar auf der Homepage des Friedrich-Loeffler-Institutes (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit): www.fli.de


Allgemeines

Für jede Impfung gilt grundsätzlich, dass eine belastbare Immunität nur dann ausgebildet werden kann, wenn das Immunsystem des Kaninchens intakt ist. Verschiedene Faktoren können zu einer Schwächung des Immunsystems führen:
  • chronische Infektionserkrankungen, wie z.B. chronischer Kaninchenschnupfen, Infektionen mit Encephalitozoon cuniculi oder Parasitosen. Solche Infektionen können auch latent, d.h. ohne klinische Symptome, verlaufen.
  • andere chronische Erkrankungen (z.B. Herz-, Nieren-, Zahnerkrankungen)
  • alle akuten Erkrankungen
  • Stress (z.B. Vergesellschaftungen, lange Transporte, extreme Witterungsbedingungen, Operationen)
  • Behandlungen mit Kortison
  • hohes Alter
Der exakte Immunstatus eines Kaninchens kann nicht bestimmt werden. Es können aber bestimmte Maßnahmen getroffen werden, um Impfungen so sicher wie möglich zu machen.
  • Vor jeder Impfung muss eine gründliche klinische Allgemeinuntersuchung erfolgen.
  • Es ist anzuraten (v.a. bei Jungtieren vor der Erstimpfung) im Vorfeld Sammelkotproben parasitologisch untersuchen zu lassen und Parasitosen zunächst zu behandeln.


  • Stressoren sollten möglichst vermieden werden. Dies bedeutet, dass Impfungen z.B. nicht zeitnah zu Operationen (z.B. Kastrationen), Vergesellschaftungen, Umzügen oder längeren Transporten durchgeführt werden sollten.

Grundsätzlich sollte bei jedem Kaninchen, das nicht als vollständig gesund eingestuft werden kann, eine Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen, und es muss überlegt werden, ob und nach welchem Schema eine Impfung durchgeführt wird.

 

Erkrankungen

In Deutschland stehen derzeit Impfstoffe gegen die Myxomatose und die beiden Varianten der RHD zur Verfügung


Myxomatose

Die Myxomatose wird durch das Pocken-Virus Leporipox myxomatosis hervorgerufen und kann auf verschiedenen Wegen übertragen werden:
  • durch direkten Kontakt mit infizierten Kaninchen
  • durch belebte Vektoren:
  1. stechende Insekten (v.a. Mücken) sind ein wichtiger Überträger, so dass auch Tiere, die ausschließlich in der Wohnung oder auf dem Balkon gehalten werden, erkranken können. Das Risiko einer Infektion nimmt in den letzten Jahren dramatisch zu, da aufgrund der milden Winter die Zahl der Mücken steigt und diese auch außerhalb der Sommermonate anzutreffen sind.
  2. Personen, die Kontakt zu infizierten Kaninchen hatten, können Erreger auch auf andere Kaninchen übertragen.
  • durch unbelebte Vektoren:
  1. Frischfutter, das von Feldern oder Wiesen stammt, zu denen auch Wildkaninchen Zugang haben, kann mit infektiösem Material kontaminiert sein. Dies gilt nicht nur für selbst gesammeltes Futter, sondern prinzipiell auch für zugekauftes Frischfutter.
  2. kontaminierte Stallungen
  3. kontaminierte Gegenstände, z.B. Transportboxen, Einrichtungsgegenstände, Kleidung.


Die Myxomatose tritt in verschiedenen Varianten auf. Neben einer ödematösen und einer knotigen Form kommen auch Mischformen vor.

Ödematöse Form: diese geht mit Schwellungen des Kopfes (besonders der Augenlider und der Ohren) und auch der Schleimhäute einher, so dass die Kaninchen zunehmend Probleme haben zu schlucken und zu atmen. Bakterielle Sekundärinfektionen führen zu eitrigem Augen- und Nasenausfluss. Betroffene Kaninchen sind in der Regel nicht mehr zu retten. Sie sterben nach tage- oder wochenlanger Erkrankung an allgemeiner Entkräftung.


Knotige Form: es entwickeln sich derbe Knoten der Unterhaut, die oberflächlich aufplatzen und verkrusten und sich schließlich (oft unter Narbenbildung) zurückentwickeln. Auch diese Veränderungen sind vorzugsweise im Kopfbereich anzutreffen, können sich jedoch auch über den gesamten Rumpf und die Anogenitalregion erstrecken. Die knotige Form der Myxomatose verläuft in der Regel deutlich milder und führt meist nicht zum Tod des Kaninchens.


RHD (Rabbit Haemorragic Disease, Chinaseuche)

Die „klassische Form“ der RHD existiert in Deutschland seit 1988 und wird durch ein als RHDV bezeichnetes Calicivirus hervorgerufen. Seit 2013 hat sich ein weiterer, neuer Virusstamm ausgebreitet, der als RHDV-2 bezeichnet wird.

Seit einiger Zeit ist zudem eine weitere Virusvariante bekannt. Dieser besonders aggressive RHD2-Virusstamm hat in kommerziellen Kaninchenbeständen Nordfrankreichs zu hohen Verlusten unter bereits gegen RHD geimpften Jungtieren geführt. Solche Ausbrüche sind allerdings auch in den betroffenen Regionen selten. In Deutschland wurde das Virus bisher nicht nachgewiesen (45).

Die RHD kann auf verschiedenen Wegen übertragen werden:

  • durch direkten Kontakt mit infizierten Kaninchen
  • durch belebte Vektoren: 
  1. stechende Insekten (v.a. Mücken) sind ein wichtiger Überträger, so dass auch Tiere, die ausschließlich in der Wohnung oder auf dem Balkon gehalten werden, erkranken können. Das Risiko einer Infektion nimmt in den letzten Jahren dramatisch zu, da aufgrund der milden Winter die Zahl der Mücken steigt und diese auch außerhalb der Sommermonate anzutreffen sind.
  2. Personen, die Kontakt zu infizierten Kaninchen hatten, können Erreger auch auf andere Kaninchen übertragen
  • durch unbelebte Vektoren:
  1. Frischfutter, das von Feldern oder Wiesen stammt, zu denen auch Wildkaninchen Zugang haben, kann mit infektiösem Material kontaminiert sein. Dies gilt nicht nur für selbst gesammeltes Futter, sondern prinzipiell auch für zugekauftes Frischfutter.
  2. kontaminierte Stallungen
  3. kontaminierte Gegenstände, z.B. Transportboxen, Einrichtungsgegenstände, Kleidung.
Die Erkrankung verläuft (nach einer Inkubationszeit von 1-3 Tagen) in der Regel hochakut und führt zu nekrotisierender Hepatitis (Leberentzündung mit Absterben der Leberzellen) mit Gerinnungsstörungen und Einblutungen in innere Organe. Der Tod tritt innerhalb von 24 bis 72 Stunden ein.
Das RHDV-2 unterscheidet sich vom ursprünglichen RHD-Virus (RHDV) v.a. darin, dass es bereits bei sehr jungen Kaninchen (unter 10 Wochen) tödliche Erkrankungen auslöst, wogegen das herkömmliche RHD-Virus in der Regel nur bei Kaninchen ab einem Alter von 10 Wochen zu Krankheitsausbrüchen führt.

 

Die meisten RHD-Erkrankungen in Deutschland sind mittlerweile auf Infektionen mit RHDV-2 zurückzuführen. Allerdings kommt auch das klassische Virus noch vor, so dass weiterhin gegen beide Varianten geimpft werden muss (46).


Impfstoffe und Impfschemata

Als Heimtiere gehaltene Kaninchen sollten gegen Myxomatose und beide Formen der RHD so geimpft werden, dass ein ganzjähriger Schutz besteht (46). Dabei ist es unerheblich, ob die Tiere in Außen- oder Innenhaltung leben.

Die nachfolgenden Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Eingeflossen sind, neben Angaben der Impfstoffhersteller, v.a. die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission in der Veterinärmedizin (StIKo Vet) (46-47), aber auch Erfahrungen und Berichte aus der Praxis, sowohl von Tierärzten, als auch von Kaninchenhaltern.

Folgende Impfstoffe sind derzeit zur Impfung gegen Myxomatose und/oder RHD in Deutschland verfügbar:

Impfstoff

Art d. Impfstoffes

Schutz gegen


Alter d. Erst-impfung (gem. Gebrauchs-information)

Impfschema (gem. Gebrauchs-information)

Eintritt d. Immunität

Rika-Vacc Myxo®

Lebend-impfstoff

Myxomatose

ab 4 Wochen

Grundimmunisierung 2 x im Abstand von 3-4 Wochen

Wiederholungen halbjährlich, in Gebieten mit hohem Infektionsdruck alle 4 Monate

5 Tage nach Grundimmuni-sierung

Rika-Vacc Duo®


Komb. Tot-/Lebend-impfstoff
❶❷

Myxomarose und RHD 1

ab 6 Wochen

Grundimmunisierung 2 x im Abstand von 4 Wochen

Wiederholungen halbjährlich

5 (Myxomatose) bzw. 10 Tage (RHD 1) nach Grundimmuni-sierung

Rika-Vacc RHD®

Totimpfstoff

RHD 1

ab 4 Wochen

Grundimmunisierung 2 x im Abstand von 3-4 Wochen

Wiederholungen
jährlich

7 Tage nach Grundimmuni-sierung

Nobivac® Myxo-RHD PLUS

Vektor-impfstoff


Myxomatose RHD 1 u. RHD 2

ab 5 Wochen

1 x ige Impfung

Wiederholungen jährlich

3 Wochen nach Impfung

Filavac VHD K C+V®

Totimpfstoff

RHD 1 und RHD 2

ab 10 Wochen

1 x ige Impfung

Wiederholungen jährlich

7 Tage nach Impfung

Eravac®

Lebend-
Impfstoff

RHD 2

ab 30 Tage

1 x ige Impfung

Wiederholungen
jährlich

1 Woche nach Impfung

Lebendimpfstoffe enthalten abgeschwächte Krankheitserreger. Durch die Impfung wird somit eine Fremdsubstanz (= Antigen) in den Körper eingebracht, damit das Immunsystem spezifische Antikörper dagegen entwickelt.

Totimpfstoffe enthalten inaktivierte bzw. abgetötete Krankheitserreger oder Teile von Erregern. Durch die Impfung wird somit eine Fremdsubstanz (= Antigen) in den Körper eingebracht, damit das Immunsystem spezifische Antikörper dagegen entwickelt.

Vektorimpfstoffe sind genbasierte Impfstoffe. Statt eines fertigen Antigens wird bei der Impfung lediglich der genetische Bauplan für ein Antigen in den Körper eingebracht. Die Köperzellen bauen dann anhand dieser Anleitung das fremde Antigen zusammen. Dieses wird anschließend freigesetzt, so dass das Immunsystem wiederum spezifische Antikörper dagegen entwickeln kann. Bei Vektorimpfstoffen wird das Genmaterial zunächst in das Erbgut von Trägerviren eingebracht, die üblicherweise harmlos sind und keine Erkrankung auslösen können. Sie sind jedoch in der Lage, sich an Körperzellen anzuheften und ihr genetisches Material (incl. des Antigen-Bauplans) in das Zellinnere abzugeben.
Der Impfstoff Nobivac Myxo-RHD PLUS® ist kein Vektorimpfstoff im herkömmlichen Sinne. Er ist streng genommen eine Kombination aus einem Lebend-, einem Tot- und einem Vektorimpfstoff, da hier das abgeschwächte Myxomatosevirus als Trägervirus verwendet wird und in ihm Teile des RHD-Virus enthalten sind.

Anmerkung: die genannten Impfstoffe bewirken lt. Gebrauchsinformation „eine Reduzierung der Mortalität“, „einen Schutz vor Mortalität“ oder eine „Verringerung der klinischen Symptome und der Mortalität“. Dies bedeutet, dass ein hundertprozentiger Schutz vor Erkrankungen und auch Todesfällen nicht möglich ist.

Anmerkung: gemäß Packungsbeilage und gemäß der Impfempfehlungen der StIKo Vet 46) sollte in endemisch verseuchten Myxomatosegebieten (d.h. bei sehr hohem Infektionsdruck) eine Impfung gegen Myxomatose bereits ab der 4. Lebenswoche erfolgen und die Zweitimpfung 6 Wochen später durchgeführt werden. Da Rika-Vacc Duo® erst zur Anwendung ab einem Alter von 6 Wochen zugelassen ist, muss in solchen Fällen für die Erstimpfung der monovalente Impfstoff Rika-Vacc Myxo® verwendet werden.

Anmerkung: Nach Impfung mit Nobivac Myxo-RHD PLUS® entwickelt sich möglicherweise keine ausreichende Immunantwort gegen RHDV/RHDV-2, wenn
  • Kaninchen bereits mit einem anderen Myxomatose-Impfstoff geimpft wurden
  • Kaninchen eine natürliche Myxomatose-Infektion durchlebt haben
  • nach Erstimpfung mit Nobivac Myxo-RHD PLUS® Wiederholungsimpfungen (ebenfalls mit Nobivac Myxo-RHD PLUS®) nach weniger als einem Jahr erfolgen.
Grund hierfür ist der Aufbau des Impfstoffes (siehe unter ). Sind im Körper noch Myxomatose-Antikörper vorhanden, so werden die im Impfstoff als Trägerviren enthaltenen Myxomatoseviren neutralisiert. Dies hat wiederum zur Folge, dass auch die in den Myxomatoseviren enthaltenen RHD-Virusteile keine Immunantwort hervorrufen können.
Bei unklarem Impfstatus (wenn nicht bekannt ist, ob das Kaninchen möglicherweise bereits über Myxomatose-Antikörper verfügt) wird daher empfohlen, bei der ersten Impfung Nobivac Myxo-RHD PLUS® mit Filavac VHD K C+V® zu kombinieren (46).

Anmerkung: Das in der Gebrauchsinformation angegebene Impfschema birgt ein Risiko, da Infektionen mit RHDV-2 im Gegensatz zur klassischen RHD bereits bei sehr jungen Kaninchen (< 10 Wochen) auftreten. Die StIKo Vet rät daher zu einer deutlich früheren Impfung ab einem Alter von 4 Wochen 47). Eine einmalige Impfung reicht in solchen Fällen allerdings nicht aus, wenn das Muttertier gegen RHD geimpft ist. 

Hintergrund: Jungtiere geimpfter Häsinnen erhalten bereits vor der Geburt über die Plazenta maternale (= durch die Mutter gebildete) Antikörper, die bis etwa zur 10. Lebenswoche erhalten bleiben. Diese bewirken jedoch nur einen Teilschutz. Durch sehr frühe Impfung (vor der 10. Lebenswoche) wird der Organismus des Jungtieres bereits frühzeitig zur Bildung eigener Antikörper angeregt, wodurch der Schutz verbessert wird (maternale + eigene Antikörper). Allerdings fällt die Immunantwort, d.h. die eigene Antikörperbildung, schwächer aus, so lange noch maternale Antikörper zirkulieren. Sind diese nicht mehr vorhanden, reichen die eigens gebildeten Antikörper nicht mehr aus, um das Tier zuverlässig zu schützen. Aus diesem Grund muss die Impfung noch einmal wiederholt werden. Bei Jungtieren geimpfter Häsinnen, die bereits im Alter von 4-6 Wochen ihre Erstimpfung erhalten, sollte die Wiederholungsimpfung mit 10 Wochen erfolgen. Liegt das Alter der Erstimpfung bei 7-9 Wochen, findet die Auffrischung 4 Wochen später statt.

Die Impfung von Filavac VHD K C+V® bei Kaninchen unter 10 Wochen darf nicht unkritisch gesehen werden, denn gemäß Gebrauchsinformation hat der Impfstoff erst eine Zulassung ab einem Alter von 10 Wochen und darf somit eigentlich auch nicht früher eingesetzt werden. Eine kritische Infektionslage, die Empfehlungen der StiKo Vet sowie Informationen aus dem Friedrich-Loeffler-Institut, nach denen der Impfstoff auch bei sehr jungen Kaninchen (ab 4 Wochen) problemlos verträglich ist 45), rechtfertigen jedoch den früheren Einsatz. Allerdings muss der Kaninchenbesitzer über diesen Sachverhalt aufgeklärt werden. Ggf. wird sich ein Tierarzt diese Aufklärung durch Unterschrift vom Tierhalter bestätigen lassen, um sich rechtlich abzusichern.
Berichte und Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass nach nur einmaliger Erstimpfung von Kaninchen immer wieder Impfdurchbrüche zu verzeichnen sind. Daher erscheint auch bei Kaninchen ab einem Alter von 10 Wochen eine Grundimmunisierung sinnvoll. Die Praxis hat zudem gezeigt, dass es bei jährlichen Wiederholungsimpfungen in Regionen mit hohem Infektionsdruck immer wieder zu Impfdurchbrüchen kommen kann. Die StIKo Vet weist in ihren Impfempfehlungen darauf hin, dass bei hoher Belastung halbjährliche Impfungen sinnvoll sind 46). Exemplarisch dafür werden Zuchthäsinnen genannt. Einer erhöhten Belastung unterliegen beispielsweise aber auch Kaninchen mit Vor- oder Grunderkrankungen (z.B. Infektionen mit Encephalitozoon cuniculi oder den Erregern des Kaninchenschnupfens) sowie Tiere, die in Gebieten mit sehr hohem Infektionsdruck leben.

Anmerkung: bei Impfungen von Kaninchen, die jünger al 10 Wochen sind, erscheint eine Wiederholungsimpfung sinnvoll (siehe unter ④)


Gegen die neue, in Nordfrankreich vorkommende RHD2-Virusvariante existiert mittlerweile ein Impfstoff (Filavac VHD VAR K®), der aber nur in Frankreich zugelassen ist und dort ausschließlich mit Ausnahmegenehmigung in großen Kaninchenbeständen eingesetzt werden darf, in denen die neue Virusvariante bereits nachgewiesen wurde 45).
Nach Informationen des Friedrich Loeffler-Institutes halten jedoch die in Deutschland verfügbaren RHD-Impfstoffe nach wiederholten Impfzyklen gut gegen den neuen Virusstamm stand. Bei akuter Bedrohung durch eine Ausbreitung dieses Stammes gilt es als sehr effiziente Alternative, die Impfintervalle zu verkürzen und alle 6 Monate zu impfen 45).
Anmerkung: um für Jungtiere oder ältere Tiere, die bisher ungeimpft waren, die Sicherheit zu erhöhen, könnte z.B. mit Filavac VHD K C+V® eine Grundimmunisierung (zweimalige Impfung im Abstand von 4 Wochen) durchgeführt und anschließend in Abständen von je 6 Monaten nachgeimpft werden. Das gleiche Schema ist auch für Eravac® denkbar. Eine Verkürzung der Impfintervalle mit Nobivac® Myxo-RHD PLUS erscheint dagegen nicht effektiv, da ein Schutz gegen RHD nicht angeht, wenn noch viele Myxomatose-Antikörper vorhanden sind (siehe unter ③).


Um Kaninchen möglichst sicher vor Myxomatose- sowie RHDV- und RHDV-2-Infektionen zu schützen, sind folgende Kombinationen von Impfstoffen möglich:


Nebenwirkungen von Impfstoffen

Ebenso wie bei anderen Arzneimitteln können auch bei der Anwendung von Impfstoffen Nebenwirkungen auftreten. Die folgende Tabelle führt die in den Gebrauchsinformationen der Impfstoffe genannten möglichen Nebenwirkungen auf.

Impfstoff

Nebenwirkungen (gem. Gebrauchsinformation)

Rika-Vacc Myxo®

  • Sehr selten kann, als Zeichen der Impfreaktion und Hinweis auf den Immunisierungsprozess, ein mildes Ödem (bis 1 cm Durchmesser) entstehen, das nach 1-2 Tagen abklingt
  • Generalisierte Myxomatoseerscheinungen können auftreten, wenn latent Myxomatose infizierte oder in der Inkubationsphase befindliche Tiere geimpft werden
  • Es können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten, die symptomatisch behandelt werden sollten

Rika-Vacc RHD®

  • Es können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten, die symptomatisch behandelt werden sollten

Rika-Vacc Duo®

  • Sehr selten kann, als Zeichen der Impfreaktion und Hinweis auf den Immunisierungsprozess, ein mildes Ödem (bis 1 cm Durchmesser) entstehen, das nach 1-2 Tagen abklingt
  • Generalisierte Myxomatoseerscheinungen können auftreten, wenn latent Myxomatose infizierte oder in der Inkubationsphase befindliche Tiere geimpft werden
  • Es können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten, die symptomatisch behandelt werden sollten

Nobivac Myxo-RHD PLUS®

  • Vorübergehende Erhöhung der Körpertemperatur um 1-2°C
  • Kleine, nicht schmerzhafte Schwellung (max. Durchmesser 2 cm) an der Injektionsstelle innerhalb der ersten beiden Wochen nach der Impfung beobachtet. Diese bildet sich innerhalb von 3 Wochen nach der Impfung vollständig zurück.

Filavac VHD K C+V®

  • An der Immunisierungsstelle treten begrenzte lokale Reaktionen auf (subkutane Knötchen bis 3 mm Durchmesser), die mindestens 52 Tage ertastbar sein können

Eravac®

  • Sehr häufig kann 2-3 Tage nach der Impfung ein vorübergehender Temperaturanstieg bis leicht über 40°C auftreten. Dieser geht ohne Behandlung bis zum 5. Tag nach der Impfung zurück
  • Sehr häufig entstehen Knoten oder Schwellungen (< 2 cm) an der Injektionsstelle. Diese bilden sich innerhalb von 24 Stunden ohne Behandlung zurück

 

Anmerkung: bzgl. dieser generalisierten Myxomatoseerscheinungen ist bisher nicht geklärt, ob sie tatsächlich nur bei Impfung bereits mit Myxomatose infizierter Kaninchen entstehen, oder ob durch die Lebendimpfstoffe nicht doch eine „Impfmyxomatose“ ausgelöst werden kann.
❷ Anmerkung: Kaninchenhalter berichten relativ häufig über mehrere Tage der Apathie und Inappetenz, in denen die Kaninchen zugefüttert werden müssen.


 

 

Weitere prophylaktische Maßnahmen

Da Impfungen keine 100 % ige Sicherheit bieten, sollten möglichst weitere vorbeugende Maßnahmen zum Schutz der Kaninchen ergriffen werden:

  • Auf die Verfütterung von Wiesenfutter, zu dem auch Wildkaninchen Zugang haben, sollte möglichst verzichtet werden.
  • Außengehege sollten so gesichert sein, dass kein direkter Kontakt zu Wildkaninchen möglich ist.
  • Stechende Insekten sollten möglichst ferngehalten werden. In Innenhaltung ist dies durch ein Anbringen von Insektennetzen an den Fenstern relativ leicht möglich. Bei Außenhaltung ist ein Insektenschutz nur schwer zu realisieren. Hier können größere Moskitonetze zum Einsatz kommen, deren Anschaffung für größere Gehege allerdings recht kostspielig ist.


Häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit RHD-Infektionen

Wie kann festgestellt werden, ob ein Kaninchen tatsächlich an RHDV/RHDV 2 verstorben ist?

Zum Nachweis einer Infektion sowie zur Differenzierung zwischen einer RHDV- und einer RHDV-2-Infektion müssen der Tierkörper oder Leberproben an ein Veterinärmedizinisches Untersuchungslabor geschickt werden. Solche Untersuchungen sind selbstverständlich kostenpflichtig.
Blutproben sind dagegen nur sehr eingeschränkt auswertbar. Hier können Antikörper gegen RHD-Viren nachgewiesen werden. Aussagekräftig ist eine solche Bestimmung nur dann, wenn das Kaninchen ungeimpft war, da auch im Falle einer Impfung Antikörper ausgebildet werden (46). Eine Differenzierung zwischen RHDV- und RHDV-2-Infektionen ist aber auch bei ungeimpften Kaninchen nicht möglich, da zwischen den Antikörpern bei beiden Erkrankungen nicht unterschieden werden kann.

 

Kann am lebenden Tier festgestellt werden, ob eine Erkrankung durch RHD-Viren vorliegt?

Von lebenden Kaninchen können allenfalls Blutproben zur Diagnostik herangezogen werden. Hier gelten die gleichen Probleme, wie sie bereits oben erwähnt wurden. Ist das Kaninchen ungeimpft und können Antikörper gegen RHD-Viren nachgewiesen werden, so ist eine Infektion gesichert. Werden bei geimpften Kaninchen Antikörper nachgewiesen, so ist nicht zwischen „Impf-Antikörpern“ und „Infektions-Antikörpern“ zu unterscheiden (50).
Aufgrund des hochakuten Verlaufes bei RHD-Erkrankungen bleibt allerdings ohnehin keine Zeit für langwierige diagnostische Verfahren. Hochverdächtig für eine Erkrankung sind plötzliche Apathie und Inappetenz bei drastisch erhöhten Leberwerten.

 

Wie lange hält sich das Virus in der Umwelt?

RHD-Viren sind in der Umwelt sehr stabil. Bei Temperaturen bis zu 50°C und trockenen Bedingungen (z.B. in der Wohnung) bleiben die Viren mindestens 15 Wochen infektiös. In Kadavern konnten bei niedrigen Umgebungstemperaturen Überlebenszeiten von 7 Monaten nachgewiesen werden (50).

 

Können Kaninchen, die eine RHD-Infektion überlebt haben, andere Kaninchen anstecken?

Viren können in überlebenden Kaninchen über mehrere Wochen nachgewiesen werden. Wissenschaftliche Studien über ein Dauerausscheidertum existieren bislang nicht. Das Friedrich-Loeffler-Institut weist aber darauf hin, dass aufgrund von Erfahrungsberichten davon ausgegangen werden muss, dass Kaninchen, die eine Infektion durchgemacht und überlebt haben tatsächlich in der Lage sind, andere Tiere durch Virenausscheidung zu infizieren (50).

 

Was kann getan werden, wenn Kaninchen an einer RHD-Infektion verstorben sind und neue Kaninchen angeschafft werden sollen?
Aufgrund der hohen Infektiosität des Erregers und seiner langen Persistenz in der Umwelt, sind folgende Maßnahmen anzuraten (50):
  • Bei Innenhaltung müssen alle Flächen, auf denen sich die Kaninchen aufgehalten haben, ebenso wie alle Einrichtungsgegenstände, gründlich gereinigt und mit geeigneten Desinfektionsmitteln desinfiziert werden. Es müssen Präparate zur Anwendung kommen, die gegen unbehüllte Viren wirksam sind. Eine Liste geeigneter Präparate hat die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG) veröffentlicht: www.desinfektion-dvg.de. Hatten die Tiere Freilauf in einer Wohnung, die mit Teppich ausgelegt ist und können nicht alle Einrichtungsgegenstände desinfiziert werden, so empfiehlt es sich, mindestens 4 Monate abzuwarten, bevor neue Kaninchen angeschafft werden.
  • In Außengehegen können Fliesen ebenfalls desinfiziert werden. Sind die Anlagen mit weniger glatten Oberflächen ausgelegt (z.B. Beton- oder Natursteinplatten), so empfiehlt es sich, den Boden gründlich abzuflämmen, da die Viren bei hohen Temperaturen schnell absterben. Gehege mit Naturboden (Wiese, Erde) stellen das größte Problem dar, da eine Virusbeseitigung weder mit Desinfektionsmitteln, noch durch Hitzeeinwirkung möglich ist. Solche Anlagen sollten für mindestens 4 Monate unbesetzt bleiben; bei warmer und feuchter Witterung sollte die Zeit des Leerstandes verlängert werden.
  • Auch Kleidung, die in Kontakt mit den erkrankten Kaninchen gekommen ist, sollte gewaschen und desinfiziert werden.
  • Einrichtungsgegenstände, die nicht zuverlässig zu desinfizieren sind (z.B. Holzinventar), sollten entsorgt werden.
  • Neue Kaninchen müssen in jedem Fall gegen beide Varianten der RHD geimpft worden sein, bevor sie in eine Umgebung verbracht werden, die zuvor durch RHD-infizierte Tiere besetzt war. Dabei ist zu beachten, dass der Impfschutz nicht unmittelbar mit der Applikation des Impfstoffes eintritt, sondern eine Immunität (abhängig vom verwendeten Impfstoff, siehe oben) nach der Impfung erst verzögert ausgebildet wird.


Wie kann es sein, dass manche Kaninchen an RHD-Infektionen sterben und andere nicht, obwohl sie nach dem gleichen Schema und mit dem gleichen Impfstoff geimpft wurden?

Die Ausbildung einer Immunität nach Impfung ist von verschiedensten Faktoren abhängig und kann individuell sehr unterschiedlich sein. So können alle Ursachen, die das Immunsystem beeinträchtigen, auch die Ausbildung eines Impfschutzes behindern, wie z.B. Parasitosen, andere Grunderkrankungen (z.B. Infektionen mit den Erregern des chron. Kaninchenschnupfens oder Encephalitozoon cuniculi) oder Stress. Zudem ist die Immunantwort auf Impfung bei keinem Lebewesen gleich. Von Untersuchungen bei Hunden, die gegen Tollwut geimpft wurden ist z.B. bekannt, dass manche Tiere hohe Antikörperspiegel ausbilden, die sehr lange erhalten bleiben und manche Tiere nur geringe Antikörperspiegel bilden, die nur über kurze Zeit nachweisbar sind. Ähnliche Verhältnisse dürften auch bei Kaninchen bestehen. Wie hoch ein Antikörperspiegel nach Impfung bei einem Kaninchen ist, weiß man üblicherweise nicht. Ein Antikörpernacheis kann zwar erfolgen, allerdings ist bisher keine Differenzierung zwischen RHDV- und RHDV-2-Antikörpern möglich. Zudem existieren bisher keine Referenzwerte, die festlegen, wie hoch ein Antikörpertiter sein muss, damit ein Schutz vorliegt. Wäre dies möglich, so könnte man bei Nachweis einer zu geringen Antikörperbildung ggf. eine Wiederholungsimpfung durchführen, um die Bildung von Antikörpern zu verstärken. Da diese Möglichkeiten derzeit aber (noch) nicht bestehen, wird es leider immer wieder Kaninchen geben, die trotz Impfung keinen ausreichenden Schutz aufbauen und infolge dessen erkranken und versterben.

 


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