Degu
Fütterung
Die natürliche Nahrung von Degus ist karg und besitzt, besonders in der Trockenzeit, sehr hohe Rohfasergehalte (bis zu 60 %). Der Energiegehalt des Futters ist entsprechend gering. Degus sind jedoch in der Lage dieses Energiedefizit zu kompensieren, indem sie die Futteraufnahme erhöhen. Zudem verlängert sich die Passagezeit der Nahrung durch den Verdauungskanal, was in erster Linie durch Koprophagie erreicht wird 24-26). Alle benötigten Nährstoffe (z.B. Vitamine und Eiweiße) können aus dem rohfaserreichen Futter im voluminösen Blinddarm hergestellt werden. Die Tiere sind dagegen nicht in der Lage größere Mengen an bestimmten Kohlenhydraten (kurzkettige Zucker und Stärke) zu verdauen. Bei einem Überschuss besteht die Gefahr von Instabilitäten der Darmflora mit dem Resultat von Verdauungsstörungen. Auch andere Erkrankungen, wie Fettleibigkeit und Diabetes mellitus, werden begünstigt (11).
Um verstehen zu können, welche Futtermittel für Degus gut und wichtig und welche weniger geeignet sind, lässt es sich nicht vermeiden, einen intensiveren Blick auf die verschiedenen Nährstoffklassen zu werfen:
Kleine Nährstoffkunde
1. Kohlenhydrate (Saccharide)
- z.B. Fruchtzucker (Fructose) enthalten in Obst
- z.B. Rübenzucker (Saccharose) enthalten in Knollen- u. Wurzelgemüse
- z.B. Stachyose, Raffinose enthalten z.B. in Hülsenfrüchten
- Stärke: enthalten z.B. in Getreide, Getreideprodukten, Knollen- u. Wurzelgemüse
- Zellulose: Hauptbestandteil pflanzl. Zellwände
- Pektine: enthalten in Stängeln, Blättern, Blüten, Obst, Gemüse
- Inulin: enthalten in Grünpflanzen, Chicorée, Topinambur
- Schnell verdauliche Kohlenhydrate werden im Dünndarm verdaut. Sie werden dort entweder direkt resorbiert (Einfachzucker) oder aber durch Verdauungsenzyme zunächst in Einfachzucker aufgespalten und dann resorbiert (Zweifachzucker, Stärke).
- Langsam verdauliche Kohlenhydrate werden durch den Dünndarm hindurchgeschleust, gelangen in den Blinddarm und werden dort von Bakterien aufgespalten (Mehrfachzucker, Zellulose, Pektine, Inulin).
- Verdauliche Rohfaser besteht vorwiegend aus Zellulose, also aus einem langsam verdaulichen Kohlenhydrat. Dieses Kohlenhydratmolekül besteht aus bis zu 10.000 Einfachzuckern, die sich zu festen Strukturen zusammenlagern und reißfeste Fasern in Pflanzenteilen bilden.
- Unverdauliche Rohfaser ist das Lignin, eine Substanz, die sich in pflanzliche Zellwände einlagert und zu deren Verholzung führt. Auch wenn Lignin weder im Dünn- noch im Blinddarm verdaut werden kann, so ist es doch ein wichtiger Nahrungsbestandteil, um eine gute Darmmotorik zu gewährleisten.
- Die lebenslang nachwachsenden Zähne werden nicht ausreichend abgenutzt
- Der Mageninhalt verklumpt, kann nicht hinreichend von Magensäure durchdrungen werden und mit dem Futter aufgenommene Bakterien werden nicht hinreichend abgetötet
- Die Darmmotorik sinkt. Dadurch wird die Verweildauer des Nahrungsbreis im Verdauungstrakt verlängert und die Gefahr von Fehlgärungsprozessen mit Aufgasung steigt.
- Die Blinddarmbakterien erhalten nicht ausreichend Nährsubstrat und sterben ab.
Die Tiere sind dagegen nicht in der Lage größere Mengen an leicht verdaulichen Kohlenhydraten, wie Stärke (enthalten z.B. in Getreide, Getreideprodukten, Wurzel- und Knollengemüse) oder kurzkettige Zucker (enthalten z.B. in Obst, Knollen- u. Wurzelgemüse) zu verwerten. Diese werden eigentlich im Dünndarm verdaut. Wird die Verdauungskapazität überschritten, werden sie jedoch in den Blinddarm weitergeschleust und dort zu Milchsäure verstoffwechselt, die das Blinddarmmilieu verändert (19). Es kommt dann schnell zu Instabilitäten der Darmflora mit dem Resultat von Verdauungsstörungen. Zudem führt ein Überschuss an leicht verdaulichen Kohlenhydraten zu einer Hemmung der Darmmotorik. Dadurch verlängert sich die Verweildauer des Nahrungsbreis im Blinddarm, und Fehlgärungsprozesse mit Aufgasung werden begünstigt.
Weiterhin muss bei der Degufütterung berücksichtigt werden, dass bei den Tieren eine verstärkte Neigung zu Diabetes-Erkrankungen auftreten kann. Diese Problematik scheint nur in bestimmten Linien aufzutreten – da aber nicht bekannt ist, wie der genetische Hintergrund eines Tieres ist, sollten Futtermittel mit leicht verdaulichen Kohlenhydraten (diese begünstigen die Entstehung einer Zuckerkrankheit) möglichst restriktiv – bei bekannter Diabetes-Erkrankung überhaupt nicht - eingesetzt werden.
2. Eiweiße (Proteine)
- schnell verdauliche Eiweiße sind „Samenproteine“. Diese finden sich in Pflanzensamen, Hülsenfrüchten und Nüssen. Sie werden im Dünndarm durch Verdauungsenzyme gespalten und die Spaltprodukte dann aus dem Darm resorbiert. Zu den schnell verdaulichen Proteinen gehören aber auch die Eiweiße, die im Blinddarm des Degus gebildet und dann durch Fressen des Blinddarmkotes aufgenommen werden.
- langsam verdauliche Eiweiße sind „Blattproteine“. Diese sind in allen Grünpflanzen (in unterschiedlicher Menge) enthalten und fest an die Zellwände der Pflanze gebunden. Eine Zerlegung/Verdauung kann nur durch Blinddarmbakterien erfolgen.
Auch für die Eiweiße gilt, dass bei einem Überschuss an leicht verdaulichen Proteinen in der Nahrung ein Teil in den Blinddarm gelangt. Hier entsteht bei der Zerlegung durch die Blinddarmbakterien dann Ammoniak, der wiederum zu ungewünschten Veränderungen des Darmmilieus führt.
3. Fette (Lipide)
Fette werden im Dünndarm verdaut. Die Verdauungskapazität ist allerdings begrenzt, da die natürliche Nahrung des Degus fettarm ist. Hohe Fettgehalte finden sich z.B. in ölhaltigen Saaten (z.B. Lein-, Anis-, Fenchelsamen), Nüssen, Kürbis- und Sonnenblumenkernen. Ein Überschuss hat keine Konsequenzen für die Blinddarmflora, führt aber zu einer Erhöhung der Darmmotorik, woraus Durchfälle resultieren können.
Aus den ernährungsphysiologischen Besonderheiten des Degus lässt sich zusammenfassend ableiten, dass die Nahrung v.a. reich an langsam verdaulichen Kohlenhydraten sein muss, was durch die Gabe von Heu sowie strukturiertem Grünfutter gewährleistet wird. Durch diese Futtermittel wird den Tieren zudem ein ausreichendes Angebot an langsam verdaulichen Eiweißen zur Verfügung gestellt. Futtermittel mit hohen Gehalten an leicht verdaulichen Kohlenhydraten und leicht verdaulichen Eiweißen tragen dagegen eher zu einer Destabilisierung der Darmfunktionen bei und sollten daher allenfalls restriktiv angeboten werden.
Kleine Futtermittelkunde
Heu von hoher Qualität muss den Tieren immer zur freien Verfügung stehen (ad libitum- Fütterung). Gutes Heu sollte grün (nicht gelb wie Stroh) sein und lange, feste Halme enthalten. Ein gewisser Anteil an Blüten und Blättern ist erwünscht.
- Wiesenfutter (Wildgräser, -kräuter und -blumen)
- Kulturlöwenzahn, Küchenkräuter (z.B. Petersilie, Dill, Basilikum, Kerbel, Minze, Melisse, Salbei, Thymian)
- Gemüsegrün (z.B. Möhrengrün, Sellerie- und Radieschenblätter)
- Blätter von Bäumen und Sträuchern (z.B. Obstbäume, Weide, Haselnuss, Himbeere, Brombeere)
- Knollen- und Wurzelgemüse (z.B. Knollensellerie, Pastinake, Topinambur, Möhre, Petersilienwurzel, Rote Beete, Rüben) haben hohe Gehalte an leicht verdaulichen Kohlenhydraten (Stärke, Rübenzucker). Sie gelten außerdem als harte Futtermittel, die durch quetschende Kaubewegungen zerkleinert werden müssen, wodurch verstärkter Druck auf den Zähen lastet. Sie sollten daher (wenn überhaupt) nur in sehr geringen Mengen angeboten werden.
- Blattgemüse (z.B. Chicorée, Spinat, Mangold) besitzen sehr moderate Gehalte an leicht verdaulichen Kohlenhydraten und können problemlos angeboten werden.
- Fruchtgemüse (z.B. Gurke, Paprika, Zucchini, Tomate) sollten nur in sehr geringen Mengen verfüttert werden, da sie rel. hohe Zuckergehalte aufweisen.
- Kohlgemüse (z.B. Chinakohl, Brokkoli, Blumenkohl, Kohlrabi) weisen moderate Gehalte an verdaulichen Kohlenhydraten auf, wobei es sich v.a. um Frucht- und Rübenzucker handelt. Kohlgemüse darf daher in gewissen Mengen verfüttert werden (v.a. blättrige Varianten), der Gesamtanteil an der Ration sollte aber nicht zu hoch sein.
- Stielgemüse (Staudensellerie, Fenchel) sind arm an leicht verdaulichen Kohlenhydraten und können daher problemlos verfüttert werden. Fenchel besitzt zudem ätherische Öle, die beruhigend auf den Magen-Darm-Trakt wirken.
Auf Obst sollte möglichst vollständig verzichtet werden, da es hohe Fruchtzuckergehalte besitzt.
Degus mit Diabetes-Erkrankungen sollten an Frischfutter ausschließlich strukturiertes Grünfutter und Blattgemüse erhalten. |
Getrocknete Kräuter, Blätter und Blüten stellen eine geeignete Ergänzung zu Heu und Frischfutter dar, ihr Anteil an der Ration sollte aber nicht zu hoch sein, weil die Degus sie oftmals dem Heu vorziehen. Im Vergleich zu Heu wird für die Zerkleinerung von Kräutern und Blüten aber weniger Kauaktivität benötigt, was sich langfristig negativ auf den Zahnabrieb auswirken kann.
Feine Ölsaaten wie z.B. Anis-, Fenchel- und Kümmelsamen, Mariendistel, Hanf, Hagebuttenkerne, Leinsamen und Sesam.
Feine Mehlsaaten in Form von Grassamen (z.B. von Rot-, Rohr- und Wiesenschwingel, Knäuelgras, Weidelgras, Wiesenrispe, Kanariengras) oder Hirse.
Getreidearten, wie z.B. Hafer, Gerste, Weizen, Dinkel oder Mais, sollten nicht in der Futterration vorhanden sein. |
Leckerbissen dürfen auch Degus bekommen – allerdings nur in kleinen Mengen. Geeignet sind v.a. Sonnenblumen- und Kürbiskerne sowie Erbsenflocken.
Kommerzielle Trockenfuttermittel für Degus sind in verschiedensten Variationen erhältlich.
Pellets bestehen aus kurzen Fasern, für deren Zerkleinerung nur wenig Kauaktivität nötig ist, so dass der Zahnabrieb unzureichend ist. Solche Futtermittel sollten daher möglichst gar nicht verfüttert werden. Bei Degus, die an fortgeschrittenen Zahnerkrankungen leiden und nicht mehr in der Lage sind Heu zu zerkleinern, können pelletierte Futtermittel allerdings dazu dienen, den Rohfaser- und Energiebedarf der Tiere zu decken. Die Pellets sollten dann befeuchtet/ eingeweicht werden. In jedem Fall muss auf eine gute Qualität des Futters geachtet werden (z.B. zusammengesetzt aus verschiedenen Wiesenpflanzen, keine Zusätze von Melasse, moderate Vitamin D-Gehalte).
Mischfuttermittel aus dem Zoofachhandel enthalten, neben Blüten und Kräutern, oft in größeren Mengen getrocknetes Wurzel- und Knollengemüse sowie Getreide-, Mais- und Erbsenflocken und damit hohe Gehalte an leicht verdaulichen Kohlenhydraten. Insbesondere getrocknetes Gemüse ist so hart, dass es mit vertikalen Kaubewegungen zerquetscht werden muss, wodurch ein unphysiologisch hoher Druck auf die Zähne entsteht. Solche Futtermittel sind daher ungeeignet.
Artgerechte Rationsgestaltung
Eine artgerechte Ration für Degus setzt sich wie folgt zusammen:
Fütterungstechnik
Ad libitum Fütterung
Degus nehmen über den Tag verteilt viele kleine Futterportionen auf. Dies ist erforderlich, da Magen und Darm kaum über Muskulatur verfügen. Das Futter kann somit nicht durch eine Eigenmotorik durch den Verdauungskanal transportiert werden, sondern es muss ständig neues Futter aufgenommen werden, um die bereits im Magen-Darm-Kanal befindliche Nahrung weiter zu schieben. Phasen des Fastens führen zu einer verlängerten Verweildauer des Futters im Magen und Darm. Es entstehen schnell Fehlgärungen die zu Aufgasungen führen. Daher muss den Tieren permanent Futter (v.a. Heu) zur Verfügung stehen.
Futterselektion ermöglichen
In freier Wildbahn stehen Degus verschiedenste Futterpflanzen zur Verfügung, aus denen sich die Tiere bedarfsabhängig bedienen können. Auch in der Heimtierhaltung sollte also ein möglichst breites Futterspektrum angeboten werden. Neben Heu mit Blüten-, Blatt- und Kräuteranteil ist auch ein breites Angebot an Frischfutter erforderlich.
Keine plötzlichen Futterwechsel vornehmen
Es dürfen keine plötzlichen Futterwechsel vorgenommen werden, da diese zu Störungen der empfindlichen Bakterienflora des Blinddarmes und in Folge zu schweren Verdauungsstörungen (Aufgasung, Durchfall) führen können. Futtermittel, die ein Degu nicht gewöhnt ist, müssen zunächst in geringen Mengen zu der gewohnten Ration ergänzt werden.
Auf hygienische Qualität des Futters achten
Trockenfuttermittel müssen frei von Vorratsschädlingen (z.B. Kornkäfer, Dörrobstmotten) sein. Die Schädlinge selber schaden den Degus zwar nicht, jedoch wird durch ihre Ausscheidungen das Futter feucht und weist dann schnell erhöhte Gehalte an Bakterien und Schimmelpilzen auf (28).
Wasserversorgung
Die meisten Degus trinken wenig, wenn sie ein ausreichendes Angebot an Frischfutter erhalten. Dennoch kann es Situationen geben, in denen Wasser benötigt wird. Bei hohen Umgebungstemperaturen im Sommer fressen Degus oft wenig, decken ihren Flüssigkeitsbedarf dann aber über das Trinkwasser. Besteht eine Erkrankung (z.B. Zahnerkrankung), die zu verminderter Futteraufnahme führt, wird ebenfalls kompensatorisch Trinkwasser aufgenommen.
Frisches Trinkwasser muss daher immer zur freien Verfügung stehen und sollte möglichst aus Näpfen angeboten werden, da Degus diese Trinkflachen vorziehen (29).
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