Praxis für kleine Heimtiere
Dr. Anja Ewringmann

Degu



Haltung

Da Degus äußerst gesellige Tiere sind, dürfen sie niemals einzeln, sondern müssen zumindest paarweise oder in Kleingruppen gehalten werden!


Das Deguheim

Die Unterbringung kann sowohl in sehr großen Terrarien als auch in großen Käfigen (z.B. Volieren für kleine Vögel) oder Eigenbauten (z.B. umgebaute Schränke) erfolgen. Bei Eigenbauten aus Holz oder Käfigen mit Plastikanteilen muss darauf geachtet werden, dass die Tiere keinen Ansatz zum Benagen finden.

Als absolute Mindestgröße eines Käfigs für ein Degupaar wird eine Größe von 100 (Länge) x 50 (Tiefe) x 100 (Höhe) cm gefordert. Für jedes weitere Paar ist die Grundfläche um 50 % zu vergrößern (30). Deutlich größere Gehege sind allerdings wünschenswert, damit die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben und sich wirklich ausreichend bewegen können.



Standort und Umgebungsbedingungen

Der Standort des Deguheims sollte hell sein (Fensternähe), direkte Sonneneinstrahlung darf aber nicht den gesamten Käfig erfassen, da es sonst zur Überhitzung käme.

Als Andenbewohner sind Degus an eher moderate Temperaturen und eine geringe Luftfeuchtigkeit adaptiert. Raumtemperaturen von 18-24° C bei einer Luftfeuchtigkeit nicht über 50 % werden als ideal angesehen (31).


Einstreu


Als Einstreumaterial eigenen sich Kleintierstreu, Hanf- und Leinstreu, Buchengranulat und Überstreu (bestehend aus Rinden- und Aststücken). Dazu werden Heu und Stroh ergänzt, so dass der Untergrund eine gewisse Stabilität erhält und die Tiere ausgiebig graben können. Eine Schichtdicke der Einstreu von 15-20 cm sollte nicht unterschritten werden.

Inventar

Das Deguheim sollte mit naturnahem Inventar ausgestattet sein. Es sollten verschiedene Ebenen (Sitzbretter) vorhanden sein, die über Kletteräste zu erreichen sind. Weiterhin müssen ausreichend Versteckmöglichkeiten (z.B. Holzhäuschen, Ton- oder Korkröhren, Weidenbrücken, ausgehöhlte Kokosnüsse) verfügbar sein. Weitere Einrichtungsgegenstände sind standfeste Futter- und Trinknäpfe aus Keramik.

Futter- und Trinkgefäße müssen aus leicht zu reinigendem und unbenagbarem Material bestehen. Trinknäpfe sind besser geeignet als Trinkflaschen, da sie von Degus präferiert werden (29).

Degus benötigen außerdem Sandbäder, um ihr Fell entfetten zu können. Als Badesubstrat eigenen sich Tonmineralien, wie Sepiolith oder Attapulgus. Quarzsand ist nicht geeignet, da er scharfe Kanten besitzt, die die Haut verletzen können. Zudem ist er nicht porös und kann daher auch keine Hautfette binden. Die Sandschale sollte den Tieren immer zur Verfügung stehen und aus gut zu reinigendem Material (Keramik, Ton, Glas) bestehen. Sie muss so groß sein, dass sich ein Degu ausgestreckt darin wälzen kann.

 

Auch ein Laufrad kann angeboten werden. Es darf aber nicht zur Kompensation eines zu kleinen Käfigs oder eines zu geringen Beschäftigungsangebotes dienen, sonst besteht die Gefahr, dass Stereotypien entstehen. Laufräder müssen einen Durchmesser von mind. 30 cm aufweisen, damit die Tiere mit geradem Rücken darin laufen können. Zudem muss eine sicherere Lauffläche vorhanden sein, auf der sich die Tiere die Pfoten nicht verletzen können. Es muss weiterhin über eine geschlossene Rückwand verfügen und so angebracht werden können, dass die Degus sich nicht einklemmen können.



Freilauf

Freilauf nehmen die neugierigen Degus sehr gerne an. Er darf aber nur unter strenger Aufsicht und in absolut gesicherten Bereichen erfolgen. Die kleinen Nager zerlegen alles, was Ihnen zwischen die Zähne kommt, ggf. auch Möbel, Kabel und Giftpflanzen. Zudem passen sie in kleinste Nischen, die für den Besitzer im Zweifel nicht mehr zugänglich sind.


Vitamin D in der Deguhaltung

Degus benötigen, ebenso wie andere Säugetiere, Vitamin D, dessen Hauptaufgabe die Regulierung des Kalzium- und Phosphorstoffwechsels im Körper ist. Verantwortlich für diese Vorgänge ist aktives Vitamin D3 (= D-Hormon).

Wie hoch ist der Vitamin D-Bedarf eines Degus?
Bisher existieren keine Angaben zu dieser Fragestellung. Für ein pelletiertes Alleinfuttermittel wird allerdings ein Vitamin D-Gehalt von etwa 800 IU/kg Futter empfohlen 11), wodurch eine Umrechnung auf das Körpergewicht möglich ist:

  • Bei ausschließlicher Pelletfütterung nehmen Degus etwa 5,5 g Futtertrockensubstanz/100 g Körpergewicht/Tag zu sich 12).
  • Pelletiertes Futter besteht zu ca. 90 % aus Trockensubstanz 32).
  • Um 5,5 g Trockensubstanz aufzunehmen, müssen demnach 6,1 g Futter gefressen werden.
  • In 6,1 g Futter sind dann knapp 5 IU Vitamin D enthalten, die den Bedarf für 100 g Körpergewicht darstellen.
  • Ein Degu mit 250 g hätte demnach einen Vitamin D-Bedarf von ca. 12,5 IU/Tag.


Wie können Degus ihren Vitamin D-Bedarf decken?
Dies ist auf zwei Wegen möglich: entweder durch Sonnenlicht oder durch die Nahrung

  • Endogenes Vitamin D: im Körper wird eine Vorstufe des Vitamin D produziert. Diese wird in der Haut durch UV B-Licht in ein Prä-Vitamin D umgewandelt. In der Leber entsteht daraus Vitamin D3, das dann wiederum in der Niere durch ein Hormon (Parathormon) aktiviert wird. Es entsteht das für die Stoffwechselvorgänge wichtige D-Hormon.

Die meisten Säugetiere verfügen über die Möglichkeit der endogenen Vitamin D-Synthese. Für Degus wurde sie bisher nicht explizit nachgewiesen. Da die Tiere tagaktiv sind und in den Anden leben, wo hohe UV-Intensitäten bestehen, ist aber zu vermuten, dass auch sie in der Lage sind, UV B-Licht zur Synthese von Vitamin D zu nutzen.
Problem: Degus leben als Heimtiere in Innenhaltung und UV B-Licht kann Fensterscheiben nicht durchdringen.

  • Exogenes Vitamin D: in Grünpflanzen wird eine Vorstufe des Vitamin D gebildet und unter Einfluss von UV-Licht entsteht zunächst Vitamin D2. Dieses wird mit der Pflanze vom Degu aufgenommen, gelangt in die Leber, wird dort in Vitamin D3 umgewandelt und wiederum in der Niere aktiviert.

Problem: die natürliche Nahrung des Degus enthält kaum Vitamin D. Nennenswerte Vitamin D-Gehalte finden sich nur in Pflanzen, die üblicherweise nicht auf dem Speiseplan des Degus zu finden sind (Artischocken, Pilze). Der Gehalt an Vitamin D in Grünpflanzen ist dagegen sehr gering. Er kann durch Trocknung in der Sonne zwar erhöht werden 33), Heu wird heutzutage allerdings nicht mehr vollständig in der Sonne getrocknet. Es wird lediglich angetrocknet; die restliche Trocknung erfolgt möglichst zügig mit technischen Verfahren. Dies hat verschiedene Gründe: bei langer Trocknung auf der Wiese steigt zwar der Gehalt an Vitamin D, dafür gehen andere Vitamine und Nährstoffe verloren. Der Wassergehalt des Heus sinkt bei natürlicher Trocknung zudem nur langsam und liegt letztlich noch deutlich über dem Wassergehalt bei künstlicher Trocknung. Dadurch steigt die Gefahr einer Besiedlung mit Bakterien und Schimmelpilzen, insbesondere wenn das rel. feuchte Heu anschließend gepresst oder in Plastiktüten verpackt wird. Ein weiterer Aspekt ist, dass lange in der Sonne getrocknetes Heu stark ausbleicht und nicht mehr aromatisch riecht (34).

Was geschieht bei unausgeglichenem Vitamin D-Haushalt?
Es liegen bisher keinerlei Untersuchungen dazu vor, welche Auswirkungen eine Überversorgung (= Hypervitaminose) oder eine Unterversorgung (= Hypovitaminose) mit Vitamin D bei Degus hat. Es ist aber davon auszugehen, dass, wie bei anderen Tierarten und dem Menschen, Hypovitaminosen zu Knochenstoffwechselstörungen führen. Da Degus einen ähnlichen Kalziumstoffwechsel wie Kaninchen und Meerschweinchen besitzen und bei diesen eine Hypervitaminose D (bei gleichzeitig ausgewogener oder überschüssiger Zufuhr von Kalzium mit dem Futter) Organverkalkungen begünstigt 35-37), können gleiche Effekte bei Degus vermutet werden.

Was ist zu tun, um eine ausreichende Vitamin D-Versorgung zu gewährleisten?

Vitamin D-Zufuhr mit dem Futter
Eine Vitamin D-Supplementierung mit der Nahrung ist nur durch substituiertes Futter (v.a. Pellets) oder Nahrungsergänzungsmittel (Vitaminpräparate) möglich.
Da Vitamin D üblicherweise (und wahrscheinlich auch bei Degus) nicht bedarfsorientiert aus dem Darm resorbiert wird, besteht jedoch die Gefahr einer Überdosierung. Gänzlich abzuraten ist von der regelmäßigen Gabe handelsüblicher Multivitamin-Präparate. Diese enthalten oftmals nicht nur extrem hohe Gehalte an Vitamin D, sondern auch an anderen fettlöslichen Vitaminen, deren Zufuhr bei artgerechter Fütterung überhaupt nicht erforderlich ist. Es könnten also verschiedene Arten von Hypervitaminosen ausgelöst werden.
Eine Pelletfütterung ist bei Degus eigentlich nicht erwünscht. Sie fördert einen unzureichenden Zahnabrieb und damit Zahnerkrankungen (18).

Vitamin D-Aktivierung durch UV-Licht
Die Produktion des Prä-Vitamin D in der Haut erfolgt ausschließlich durch UV B-Strahlung, die durch Fensterglas nicht hindurchdringen kann. Da Degus in Innenhaltung leben, steht ihnen diese Möglichkeit der Vitamin D-Synthese nicht zur Verfügung. Gerade diese Variante wäre aber wünschenswerter als eine Substitution mit dem Futter, da eine Hypervitaminose D durch UV-Licht nicht zu erwarten ist. Bei Menschen existiert eine Art Abschalt-Mechanismus, wenn ausreichend Prä-Vitamin D in der Haut hergestellt wurde 38) und auch bei anderen Tierarten, die zur Prä-Vitamin D-Synthese durch UV B-Licht befähigt sind, ist ein solcher Mechanismus vorhanden. Von einer Bestrahlung nach dem Motto „viel hilft viel“ ist aber dringend abzuraten, da UV B-Strahlen auch gravierende negative Effekte haben können (39).
Lassen der Käfigstandort und die Außentemperaturen es zu, so kann Sonnenlicht durch geöffnete Fenster eingelassen werden. Dabei muss allerdings darauf geachtet werden, dass nicht die gesamte Degu-Behausung in der Sonne steht, da sonst die Gefahr einer Überhitzung besteht.
Kann natürliches Sonnenlicht nicht genutzt werden, muss auf eine künstliche Bestrahlung ausgewichen werden.

Die Frage ist nur: Wie bestrahlt man richtig mit UV-Licht? Und genau das kann zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Es existieren bisher keine Untersuchungen zur Bestrahlung mit UV B-Licht bei Degus.
Entsprechende Studien wurden allerdings bei Kaninchen, Meerschweinchen und Chinchillas durchgeführt (40-46). Diese Tierarten sind jedoch dämmerungs- bzw. nachtaktiv, so dass eine einfache Übertragung auf Degus kaum möglich ist.
In den Anden ist eine intensive UV-Strahlung vorhanden, v.a. im Sommer (47). Sieht man sich die natürliche Lebensweise von Degus an, so sind die Tiere zwar tagaktiv, meiden aber im Sommer die direkte Sonneneinstrahlung und verlegen ihre Aktivitätsphasen sogar in die Dämmerungsstunden (7). Eine intensive und lange Bestrahlung scheint also eher nicht erforderlich zu sein, um den Vitamin D-Bedarf zu decken.
Anhand der bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse bei anderen Tierarten und der Kenntnis der Verhaltensweise in freier Wildbahn lebender Degus können derzeit nur vage Empfehlungen gegeben werden. Ob diese sinnvoll und richtig sind, wird sich erst durch wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen müssen.

  • Wir raten zur Verwendung von Leuchtstoffbirnen mit Leistungen von etwa 25 Watt - Hierzu einige Erklärungen:

Es handelt sich dabei um Vollspektrum-Tageslichtlampen mit UV B-Anteil. Die Wattzahl gibt die Leistung an. Angaben von 10.0, 8.0 oder 5.0 beziehen sich auf den Anteil des UV B- Lichtes. Eine 10.0 Birne hat somit einen UV B-Anteil von 10 %. Diese Angaben sind allerdings nur von untergeordneter Bedeutung. Wichtig ist, dass auf der Verpackung angegeben wird, in welchem Abstand welche Bestrahlungsstärke (µW/cm2) erreicht wird, so dass die Leuchtstoffbirnen (sie passen in Standardfassungen E27) in entsprechender Höhe angebracht werden können.

  • Um zu verhindern, dass Kabel angenagt werden, sollten die Leuchtstoffbirnen außerhalb des Käfigs befestigt werden – entweder darüber oder davor.
  • In den o.g. Studien wurden Chinchillas mit Werten von max. 157 µW/cm2, Kaninchen und Meerschweinchen mit max. 70 µW/cm2 bestrahlt. Diese Werte wurden etwa auf Rückenhöhe der Tiere erzielt. Eine Bestrahlungsstärke von 150 µW/cm2 auf der obersten Ebene des Degu-Käfigs sollte unserer Meinung nach nicht überschritten werden.
  • Die Bestrahlung kann 2-3 Stunden am Tag erfolgen, die Tiere müssen jedoch die Möglichkeit haben, sich der Strahlung vollständig zu entziehen.
  • Da UV-Lampen mit der Zeit an Leistung verlieren, ist es erforderlich, die Leuchtstoffbirnen alle 6 Monate erneuert werden.



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